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Zwei Herzen in „Gudmis“ Brust (MM)

Sofa statt Trainerbank – für Gudmundur Gudmundsson ist das im Januar ein ganz neues Gefühl. In den vergangenen Jahren war der Coach des Handball-Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen zu Jahresbeginn stets als Taktiker und Analytiker gefordert, mit der isländischen Nationalmannschaft kämpfte er bei Welt- und Europameisterschaften um Medaillen. Doch seit dem vergangenen Sommer konzentriert sich der 52-Jährige auf seine Aufgabe bei den Badenern. „Wenn man so oft dabei war und plötzlich nur noch zuschaut, ist das schon komisch“, sagt der Isländer, der die WM-Partien als Fernsehzuschauer verfolgt: „Das ist ein ganz neues Erlebnis.“ Advertisement

Zwar weilen mit Patrick Groetzki, Oliver Roggisch, Zarko Sesum, Stefan Rafn Sigurmannsson, Gedeón Guardiola und Niklas Landin gleich sechs Löwen beim Turnier in Spanien, der Trainingsbetrieb ruht deshalb aber bei den Gelbhemden nicht. „Es ist ein wenig übersichtlich in der Halle“, meint „Gudmi“ und lacht: „Wir trainieren ab und zu mit der zweiten Mannschaft zusammen. Ansonsten arbeiten die Jungs viel im Kraft- und Ausdauerbereich.“ Soll heißen: Als noch kein Schnee lag, waren Laufschuhe gefragt.

Am Montag stieß auch Andy Schmid zur Mannschaft, den Jahreswechsel verbrachte er in seiner Heimat. „Ich habe mich an Gudmundurs Trainingsplan gehalten, dazu war ich eine Woche bei der Nationalmannschaft“, verrät die Schweizer. Die Eidgenossen sind nicht bei der WM dabei – doch daran hat sich der Spielmacher mittlerweile gewöhnt. „Es ärgert einen schon ein bisschen, andererseits tut mir diese Zeit jetzt ganz gut. Für meinen Körper und meinen Geist ist es ein Vorteil, dass ich jetzt eine zweite Saisonvorbereitung habe und mich auf meine Aufgaben bei den Löwen konzentrieren kann.“

Das Turnier auf der iberischen Halbinsel verfolgt er wie sein Trainer als Fernsehzuschauer – und drückt der deutschen Mannschaft die Daumen. „Eigentlich darf man das als Schweizer nicht“, scherzt Schmid und lacht: „Aber ich spiele in Deutschland. Für die Liga wäre ein Erfolg der Nationalmannschaft sehr, sehr wichtig.“

Dem stimmt Gudmundsson zu, doch in seiner Brust schlagen zwei Herzen: „Ich wünsche jedem Spieler Erfolg bei der WM. Aber ich freue mich auch über jeden, der jetzt nach Hause kommt.“ Und zwar gesund. „Es ist meine größte Sorge, dass sich irgendeiner verletzt“, erinnert sich der Trainer an die EM 2012. Damals kehrten Zarko Sesum, Krzysztof Lijewski und Patrick Groetzki angeschlagen vom Turnier in Serbien zurück. „Mit Uwe Gensheimer haben wir in dieser Saison schon einen langfristigen Ausfall zu beklagen. Das reicht“, sagt Gudmundsson, der aber nicht ganz ohne WM-Luft kann. Zum Final-Wochenende wird er nach Spanien fliegen. Doch auch dann wird sein Platz nicht auf der Trainerbank, sondern auf der Tribüne sein.

Sonntag, 20.01.2013