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Europameister Späth im Interview: „Hat sich surreal angefühlt“
Der frisch gebackene „Goldjunge“ und All Star Team-Torwart spricht über das historische EM-Finale, das Geheimnis des Erfolgs und seine Vorfreude auf die Löwen
Europameister Späth im Interview: „Hat sich surreal angefühlt“. David Späth lebt den Traum eines jeden jungen Handballers. Nach seiner ersten Saison bei den Löwen-Profis mit vielen Einsätzen und starken Leistungen in Bundesliga wie Europapokal hat er bei der U19-Europameisterschaft in Kroatien gerade voll abgeräumt: Gold durch ein grandioses 34:20 im Finale gegen den Gastgeber, dazu als bester Torwart des Turniers ins All Star Team gewählt – mehr geht nicht. Wir haben uns mit dem frisch gebackenen „Goldjungen“ unterhalten.
Hi David! Kannst Du uns von der Partynacht nach dem gewonnenen Finale am Sonntag erzählen oder ist das komplett untergegangen im Rausch?
Nein, das war nicht so wild. Wir wollten uns ja auch den Corona-Regeln entsprechend verhalten und sind jetzt nicht willenlos durch die Bars und Klubs gezogen. Da wäre in einer Nacht von Sonntag auf Montag wahrscheinlich nicht viel Auswahl gewesen. So waren wir einfach gemütlich essen, sind dann ins Hotel und haben da noch länger zusammengesessen. Es war ein sehr cooler Abend, alles sehr entspannt.
Wie blickst Du auf dieses unfassbare Endspiel, das 34:20 ausgegangen ist und damit an das legendäre 7:1 der deutschen Fußballer im WM-Halbfinale 2014 gegen Brasilien erinnert? Hast Du ein solch deutliches Ergebnis bei einem solch wichtigen Spiel schon einmal erlebt?
Nein, nicht mal im Ansatz. Wobei man sagen muss, dass ich als 19-Jähriger natürlich noch nicht oft in vergleichbaren Situationen war. Es hat sich einfach nur surreal angefühlt. Auf der Bank haben wir das nicht glauben können und die Jungs auch dann noch nach vorne gepeitscht, als das Spiel praktisch gelaufen war. Ich habe mir immer gesagt: Wir müssen weiter machen, weiter anfeuern, nicht nachlassen. Schließlich hatten wir ja alle mit einem ganz anderen Spielverlauf gerechnet, uns auf ein enges Spiel ähnlich wie in der Hauptrunde eingestellt.
Das hat man am Bildschirm sehen können: Ihr seid alle voll mitgegangen auf der Bank.
Auf jeden Fall. Das war ein tolles Erlebnis. Ich hatte ja nicht so viel Zugriff in der ersten Spielphase und wurde ausgewechselt. Da habe ich mir gesagt: Ich will auch ohne auf dem Feld zu stehen der Mannschaft helfen und sie von außen so gut unterstützen, wie es geht. Ich bin generell ein emotionaler Typ, auf der Platte wie daneben.
Man hatte den Eindruck, ihr seid eine richtig eingeschworene Gemeinschaft…
Absolut! Wir haben als Team unfassbar gut zusammengehalten. Jeder hat seine Aufgabe sehr diszipliniert erfüllt. Der Schlüssel war die Abwehr, vor allem auch im Finale. Daran sind die Kroaten komplett verzweifelt. Und dieses Mal haben wir anders als in den Spielen zuvor weiter Gas gegeben, als wir vorne lagen. Deshalb wurde es am Ende auch so deutlich.
Europameister Späth im Interview: „Hat sich surreal angefühlt“
Das Final-Ergebnis täuscht ein wenig über das eigentlich sehr hohe Turnier-Niveau hinweg, oder?
Definitiv. Das Niveau war sehr hoch, wir hatten viel Respekt gegenüber den anderen Teams. Man kennt sich aus zahlreichen Test- und sonstigen Länderspielen. Wir wussten: Bei diesem Turnier kann jeder jeden schlagen, da werden wir unsere Chance bekommen. Als wir dann gegen die starken Dänen gemerkt haben, dass wir auch da bestehen können, wussten wir: Da geht was. Spätestens nach den Hauptrunden-Siegen gegen Portugal und Kroatien war dann klar: Wir können hier jeden schlagen.
Wenn man sich die einzelnen Spiele anschaut, muss man Eurer Abwehr das größte Kompliment machen…
Das stimmt. Und das wussten wir schon vor dem Turnier. Wir haben uns gesagt: Wenn, dann muss es die Abwehr reißen. Das haben wir dann geschafft. Justus Fischer und Aaron Seesing haben einen überragenden Innenblock gestellt, aber auch alle anderen haben da eine riesige Leistung abgeliefert. Davon haben natürlich auch wir Torhüter profitiert. An dieser Stelle muss man unsere Trainer loben, die uns fantastisch eingestellt und einige taktische Kniffe mit auf den Weg gegeben haben. Wir wurden unglaublich gut vorbereitet, vorne wie hinten, haben uns dran gehalten und sind entsprechend belohnt worden. Man muss auch sagen, dass es da viele kleine Absprachen untereinander gab, zum Beispiel zwischen einzelnen Abwehrspielern und uns Torhütern. Das hat alles funktioniert und seinen Teil zum Erfolg beigetragen.
Wenn du insgesamt auf die EM zurückschaust: Wie hast Du das Turnier erlebt? Wie waren die Rahmenbedingungen in den Hallen bzw. den Hotels?
Eigentlich war alles top. Wir waren an zwei Standorten, mussten also nur einmal umziehen. Anfangs hat es ein bisschen gedauert, bis wir uns an die Hitze gewöhnt haben. Da hat die Klimaanlage nicht immer funktioniert, was dann schon auch anstrengend war. Was das Team angeht, war die Stimmung von Anfang an richtig gut. Wir kannten uns alle aus wirklich vielen Lehrgängen, da hat sich die umfangreiche Vorbereitung bezahlt gemacht. Es hat sich jeder mit jedem verstanden – so etwas ist natürlich perfekt für ein Team.
Jetzt hattest Du praktisch keine Sommerpause, kommst vom Turnier und hast am Samstag das erste Pflichtspiel vor der Brust. Wie steht es um Deine Fitness? Brauchst Du nicht einfach nur Urlaub?
Nein. Dazu freue ich mich viel zu sehr auf die Löwen und die neue Saison. Schließlich ist es eine große Ehre, als 19-Jähriger im Profi-Kader eines solchen Klubs zu stehen. Aber natürlich tausche ich mich mit den Trainern aus, sprechen wir über Pausen und Belastungssteuerung. Ziel ist es, dass ich zwischendrin auch einmal rausgenommen werde und einmal richtig abschalten kann vom Handball. Das gehört einfach dazu. Ich merke schon, dass mich die EM mitgenommen hat. Wir haben ja teilweise täglich, ansonsten alle zwei Tage gespielt, und das von Anfang an auf höchstem Niveau. So richtig kaputt fühle ich mich aber nicht.
Also nimmst Du nur Positives mit aus den Tagen in Kroatien – und nicht irgendwelche Wehwehchen?
Auf jeden Fall nur Positives! Europameister geworden zu sein und dabei noch im All Star Team zu stehen, das ist genial, und da reichen dann auch eins, zwei Tage, um wieder zu Kräften zu kommen.