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Handball-Leben wie im Rausch

Neu-Löwe Mamadou Diocou hat mit seinen 20 Jahren eine erstaunlich bewegte Lebensgeschichte vorzuweisen

(Handball-)Leben wie im Rausch. Neu-Löwe Mamadou Diocou hat mit seinen 20 Jahren eine erstaunlich bewegte Lebensgeschichte vorzuweisen.
Mamadou Diocou beim Löwen-Testspiel in Bietigheim.

Handball-Leben wie im Rausch: Was Mamadou Diocou mit seinen 20 Jahren erlebt hat, reicht eigentlich für ein ganzes Leben. Geboren im senegalesischen Fassada, einer Kleinstadt im Süden des westafrikanischen Landes, ging es für den damals Neunjährigen nach Spanien. In Alcalá de Henares, einer rund 200 000 Einwohner großen Stadt im Speckgürtel der Millionenmetropole Madrid, wurde seine Familie heimisch – und Mamadou Lamine Diocou Soumare, wie er mit vollem Namen heißt, mit einem Spiel namens Handball bekannt.

Beim ortsansässigen CD Iplacea stellte sich heraus, dass dem Club ein außergewöhnliches Talent untergekommen war. Eines, das weit über die Stadt- und Clubgrenzen hinaus für Furore sorgte. Als der ruhmreiche FC Barcelona auf den kleinen Springinsfeld aufmerksam wurde, entwickelte sich das Hobby zum Lebenstraum. Mamadou fasste direkt Fuß, durchlief sämtliche Jahrgangsstufen der mit Abstand erfolgreichsten spanischen Handball-Schule. Allein das ist ein Qualitätssiegel besonderer Güte. Zumal es der Junge aus der senegalesischen Provinz sogar in die spanische Junioren-Nationalmannschaft schaffte. Und das nicht irgendwie.

Handball-Leben wie im Rausch – mit Ausbildung in Spaniens bester Handball-Schule

(Handball-)Leben wie im Rausch. Neu-Löwe Mamadou Diocou hat mit seinen 20 Jahren eine erstaunlich bewegte Lebensgeschichte vorzuweisen.
Mamadou Diocou grüßt aus der Kabine der SG BBM Bietigheim.

In 65 Jugend- und Junioren-Einsätzen für sein neues Vaterland erzielt Mamadou Diocou 218 Tore. Seine überragende Fitness, seine Antrittsgeschwindigkeit und seine technischen Fertigkeiten hinterließen bleibenden Eindruck. Dass ihn der FC Barcelona trotz größter Konkurrenz im eigenen Lager nicht abgeben, sondern nur verleihen wollte, beweist, wie sehr man dort von Mamadous Talent überzeugt ist. Als Rechtsaußen stehen aktuell Blaz Janc und Aleix Gomez bei den Profis unter Vertrag, zwei der weltweit Besten auf dieser Position. Und beide mit 24 noch eher am Anfang als am Ende ihrer Karriere.

Dennoch scheint für den FCB festzustehen: Die Zukunft auf dem rechten Flügel gehört Mamadou Diocou. Wer ihn beispielsweise im Testspiel der Löwen in Bietigheim erlebt hat, konnte die unwiderstehliche Dynamik des 20-Jährigen sofort begreifen. „Mamadou kommt als frisch gebackener Champions-League-Sieger zu uns. Beim FC Barcelona hat er eine erstklassige Ausbildung genossen“, schwärmte Oliver Roggisch im Juli dieses Jahres, als die Löwen die zweijährige Leihe bekanntgaben. Umgekehrt zeigt sich der junge Mann begeistert von seiner neuen sportlichen Heimat.

„Ich bin einfach glücklich, hier bei den Löwen zu sein. Die Teamkollegen sind alle sehr nett zu mir, helfen mir, wo sie können. Sie machen es einem leicht, in diese Mannschaft zu kommen“, sagt Mamadou. Mit am meisten freut er sich auf die Zusammenarbeit mit seinem Gespannpartner auf rechts außen: „Es ist fantastisch und auch ein bisschen unwirklich, nun mit Patrick Groetzki in einem Team zu spielen. Bisher habe ich ihn nur aus dem Fernsehen gekannt, ihn dort gesehen und bewundert.“

Handball-Leben wie im Rausch – prädestiniert für Löwen-Tempospiel

(Handball-)Leben wie im Rausch. Neu-Löwe Mamadou Diocou hat mit seinen 20 Jahren eine erstaunlich bewegte Lebensgeschichte vorzuweisen.
Mamadou Diocou nimmt sein Löwen-Trikot vom Kabinenhaken.

Am Anfang, gesteht der 20-Jährige, sei er ein bisschen schüchtern gewesen. Das werde nun aber mit jedem Tag weniger: „Wir verbringen in der Vorbereitung viel Zeit miteinander, arbeiten täglich mehrmals in der Halle. Da lernt man sich schnell gut kennen, kommt immer wieder ins Gespräch.“ Mamadou zugutekommt dabei sein Sprachtalent. Neben seiner senegalesischen Muttersprache beherrscht er Französisch, Spanisch und Englisch. Jetzt soll möglichst schnell Deutsch dazukommen. „Die Sprache ist der Schlüssel, um wirklich anzukommen in einem Land“, findet der junge Mann, der sich dabei genauso anhört wie einer, der mit 20 Jahren schon erlebt hat, was andere in einem ganzen Leben nicht an Erfahrungen sammeln.

Diese Erfahrung merkt man ihm an. Ziemlich entspannt, konzentriert und pointiert wirkt Mamadou im Gespräch. Dieselbe Mischung aufs Feld gebracht und die Löwen werden viel Freude haben an ihrer neuen Waffe auf der Rechtsaußen-Position. Für das avisierte Tempo-Spiel aus einer starken Abwehr heraus, wie es bei den Löwen in den erfolgreichsten Zeiten einer der zentralen Faktoren war, ist der junge Mann mit der bewegten Lebensgeschichte auf alle Fälle prädestiniert.

Eine Parallele gibt es übrigens zu Benjamin Helander, dem Löwen-Neuzugang auf links außen. Auch Mamadou hat einen sportlich erfolgreichen Bruder in einer anderen Sportart. Während Benjis älterer Bruder Oliver im Speerwurf in der erweiterten Weltspitze mitmischt, ist Mamadous jüngerer Bruder Babacar in der Fußball-Jugend von Real Madrid aktiv. Auf der Vereins-Website wird „Baba“ für seine tadellose Einstellung gelobt. Etwas, das er mit seinem knapp fünf Jahre älteren Bruder gemein hat, und worauf sich die ganze Löwen-Familie freuen kann.