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Weniger „wechselhafte“ Löwen überraschen den THW
Trotz Pokal-Aus zeigt der badische Bundesligist gegen Kiel ein anderes Gesicht als vor der EM-Pause
Ganz nah dran und am Ende doch ausgeschieden. Nach einem wahren Handball-Krimi am Sonntagabend vor 2500 Fans im Heidelberger SNP Dome mussten sich die Rhein-Neckar Löwen dem THW Kiel denkbar knapp mit 24:26 geschlagen geben. Was bleibt nach diesem insgesamt 50. Aufeinandertreffen mit dem Rekord-Pokalsieger aus dem Norden?
Zum einen ist da Enttäuschung über die verpasste Teilnahme am REWE Final Four 2022. Auf der anderen Seite gab es Ansätze, die Mut machen für die Rest-Serie in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga, die für die Gelb-Blauen am Donnerstag mit dem Auswärtsspiel bei den Füchsen Berlin beginnt.
„Wir wollten unbedingt dieses Spiel gewinnen, um ins Final Four zu kommen. Für uns, für den Verein, für die Fans. Und natürlich wollten wir uns auch belohnen für die harte Arbeit, die wir gemacht haben, deshalb ist es ganz bitter, dass wir es nicht geschafft haben. Wir hatten einen guten Auftritt, haben gezeigt, dass wir einfach wollten, und auch anders gespielt als noch vor der EM-Pause. Klar: Am Ende kann man nicht zufrieden sein, wenn man verliert, aber die Art und Weise, wie wir gespielt haben, das war schon ein Schritt nach vorne“, so die erste Reaktion von Keeper Nikolas Katsigiannis nach der Schluss-Sirene in Heidelberg.
Weniger „wechselhafte“ Löwen überraschen den THW: „Viel Energie drin“
Ähnlich sah es Kreisläufer Jannik Kohlbacher, der in den Katakomben des SNP Domes zunächst einmal Entwarnung geben konnte was seinen Knöchel betrifft. Dieser wurde in der Schlussminute der Partie durch ein Foul von Patrick Wiencek auf seine Stabilität getestet. Glücklicherweise ohne ernsthafte Folgen: „Ich denke, spätestens beim nächsten Training ist das wieder weg.“ Mit Blick auf den Auftritt gegen Kiel meinte der 26-Jährige: „Es war viel Energie drin und viel Tempo. Man hat jedem von uns angemerkt, dass wir Bock hatten, hier etwas zu reißen. Wir haben eigentlich über 60 Minuten hinweg ein gutes Spiel gemacht. Wir sind vielleicht noch nicht ganz dort, wo wir hinwollen, aber ich finde, wir haben schon einmal ein deutlich anderes Gesicht gezeigt. Natürlich gilt es noch ein paar Stellschrauben zu drehen, aber wenn wir da dran arbeiten, denke ich, dass wir auf einem guten Weg sind.“
Bei aller Traurigkeit über die letzte verpasste Titelchance der Saison gab es nicht nur von den Akteuren auf der Platte, sondern auch bei den Beobachtern von außen durchaus Gutes: „Es war viel Leidenschaft, viel Kampf dabei, genau so wie ich mir das gewünscht habe. Und ich glaube, das ist etwas, auf das wir gut aufbauen können, und dass wir jetzt wieder positiv in die Zukunft schauen können“, sagte Löwen-Geschäftsführerin Jennifer Kettemann.
Optimismus ist also trotz Niederlage spürbar im gelb-blauen Lager. Und welchen Anteil daran trägt der neue Mann an der Seitenlinie? Ljubomir Vranjes hatte bei seinem ersten Pflichtspiel-Einsatz als Löwentrainer einen klaren Plan, der besonders in der Anfangsphase der Partie die Kieler überraschte. Auf Angriff-Abwehr-Wechsel wurde in den ersten zehn Minuten komplett verzichtet, anstatt der Achse Andy Schmid und Jannik Kohlbacher agierten Mait Patrail und Ymir Gislason im Angriff. „Ja, das war ein guter Plan“, schmunzelte Vranjes im Gespräch mit den Pressevertretern. „Ich hätte das auch gerne länger gemacht, aber man muss eben auch sehen, dass die Mannschaft das nicht gewohnt ist. Und es hat wohl etwas mehr Kraft gekostet, als ich gedacht habe.“
Weniger „wechselhafte“ Löwen überraschen den THW: Trainer „zufrieden, wie die Mannschaft gespielt hat“
Der Ausgang der Partie war für den Coach jedoch keine Frage der körperlichen Reserven: „Um das Spiel in der zweiten Halbzeit zu gewinnen, hätten wir in den wichtigen Momenten etwas cleverer im Angriff agieren müssen und hätten etwas mehr Paraden gebraucht. Dann hatten wir auch Pech mit manchen Entscheidungen in der zweiten Halbzeit. Aber ich bin zufrieden, wie die Mannschaft das Spiel gespielt hat, die stehen zusammen und das ist mehr sehr wichtig.“, so Vranjes weiter.
Der Verzicht auf Angriff-Abwehr-Wechsel ist der Weg, den Vranjes künftig verfolgen möchte: „Wir haben jetzt damit angefangen, aber natürlich braucht man mehrere Wochen Training, um abzustimmen, wer wo in Angriff und Abwehr zusammensteht. Ich denke, bis Ende März sollte uns das gut gelingen. Wir schauen nach vorne.“ Klar ist aber auch: Von guten Ansätzen allein ergibt sich in den nächsten Wochen keine bessere Platzierung in der Tabelle der Handball-Bundesliga. Deshalb appelliert Jannik Kohlbacher: „Wir brauchen keinen Mutmacher, sondern harte Arbeit und Ergebnisse. Wir sind alle gewillt, das hinzubekommen. Es war heute ein guter Anfang, aber wir werden weiterkämpfen. Am Donnerstag geht es in Berlin um die nächsten beiden Punkte und dann am Samstag zuhause gegen Erlangen. Das wird schon knackig, aber das sind vier Punkte, die wir auf jeden Fall behalten wollen.“
Und Nikolas Katsigiannis ergänzt: „Wir haben noch eine Menge vor uns und man sollte die Saison nicht schon jetzt bewerten, sondern am Ende, wenn man sieht, wo wir landen. Da möchten wir bei unseren Fans auch wieder etwas Wiedergutmachung betreiben für das, was wir in den Wochen vor der Pause gespielt haben. Das müssen wir und das wollen wir.“ Die erste Chance dazu bietet sich am Donnerstag bei den Füchsen Berlin.